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Die Dienstunfähigkeit im Beamtenrecht

Was bei Arbeitnehmern die Arbeitsunfähigkeit ist, ist für Beamten die Dienstunfähigkeit, weswegen wir uns heute einmal die „Voraussetzungen für die Feststellung dauerhafter Dienstunfähigkeit“ bei Beamten anhand einer Entscheidung des VGH München vom 15.04.2021 (Az. 3 ZB 20.2241) näher anschauen.

Sachverhalt

In der Sache ging es um eine Lehrerin, die ihr Dienstherr wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzte. Gegen die Entscheidung setzte sich zunächst vor dem VG Ansbach, sodann vor dem VGH München zur Wehr. Sie berief sich darauf, dass das Gesundheitszeugnis der Untersuchungsstelle nebst Ergänzung fehlerhaft ist.

Verfahren und Rechtsgrundlagen

Auf den Fall fand das Bayerische Beamtengesetz (BayBG) Anwendung. Das Zwangspensionierungsverfahren, welches die Lehrerin durchlief, ist dort in Art. 66 BayBG wie folgt geregelt:

„(1) Hält der oder die Dienstvorgesetzte den Beamten oder die Beamtin für dienstunfähig und beantragt dieser oder diese die Versetzung in den Ruhestand nicht, so teilt der oder die Dienstvorgesetzte dem Beamten, der Beamtin, dessen oder deren Vertreter oder Vertreterin schriftlich mit, dass die Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt sei; dabei sind die Gründe für die Versetzung in den Ruhestand anzugeben.

(2) 1Gegen die beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand können innerhalb eines Monats Einwendungen erhoben werden. 2Danach entscheidet die für die Versetzung in den Ruhestand zuständige Behörde. 3Mit dem Ende des Monats, in dem die Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand zugestellt wird, ist bis zu deren Unanfechtbarkeit die das Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrags nach Art. 69 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG übersteigende Besoldung mit Ausnahme der vermögenswirksamen Leistungen einzubehalten. 4Wird die Versetzung in den Ruhestand unanfechtbar aufgehoben, sind die einbehaltenen Dienstbezüge nachzuzahlen.“

Voraussetzung ist zunächst also einmal die Annahme einer „Dienstunfähigkeit“ des Beamten oder der Beamtin.

Nach Art. 65 Abs. 2 BayBG i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 1 BeamtStG können

„Beamte als dienstunfähig angesehen werden, wenn sie infolge einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet haben und keine Aussicht besteht, dass sie innerhalb von weiteren sechs Monaten voll dienstfähig werden.“

Bei Zweifeln an der Dienstunfähigkeit ist der Beamte oder die Beamtin nach Art. 65 Abs. 2 BayBG gehalten, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Nach Art. 65 Abs. 3 BayBG hat dabei die Annahme der Dienstunfähigkeit durch den Dienstvorgesetzten aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens zu erfolgen.

Wenn von einer dauernden Dienstunfähigkeit auszugehen ist, hat der Dienstvorgesetzte den Beamten oder die Beamtin über die beabsichtigte Ruhestandsversetzung zu informieren. Der Beamte oder die Beamtin hat dann die Möglichkeit noch innerhalb eines Monats Einwendungen zu erheben, bevor die für die Versetzung in den Ruhestand zuständige Behörde ihre Entscheidung trifft.

Entscheidung des VGH München

An dem Vorgehen des Dienstherrn störte sich die in den Ruhestand versetzten Beamtin vor allem daran, weil sie das eingeholte Gesundheitszeugnis, auf der die Annahme der dauernden Dienstunfähigkeit fußte, für fehlerhaft hielt.

Der Verwaltungsgerichtshof wies die Bedenken der klagenden Beamtin allerdings schlussendlich zurück. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs entsprach das eingeholte Gesundheitszeugnis den zu stellenden Anforderungen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG vom 16.11.2017, Az.: 2 A 5.16) ist ausschlaggebend, ob das Gesundheitszeugnis

„den Befund und seine Schlussfolgerungen jedenfalls so plausibel und nachvollziehbar darlegt, dass auf dieser Grundlage entschieden werden konnte, ob die Beamtin zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig ist.“

Ist dies der Fall, dann kommt es letztlich beispielsweise auch nicht auf die Angabe einer Diagnose im Gesundheitszeugnis an oder wie umfassend der Amtsarzt sich mit vorgelegten Arztbriefen auseinandersetz, was die klagende Beamtin monierte. Der Befund, also die Nennung von Beeinträchtigungen und was daraus folgt, ist ausreichend. Unbeachtlich ist auch, ob der beurteilende Arzt ein Facharzt aus dem jeweiligen Bereich ist. Es besteht im Übrigen auch keine „Suchpflicht des Dienstherrn“ bezüglich möglicher dienstlicher Weiterverwendungen, wenn eine anderweitige Verwendung medizinisch ausscheidet.

Fazit

Die zu stellenden Anforderungen an ärztliche Gutachten im Zwangspensionierungsverfahren bei Beamtinnen oder Beamten sind nicht zu überspannen, so könnte tendenziell die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs eingeordnet werden. Andererseits betont der Verwaltungsgerichtshof jedoch auch die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach in dem ärztlichen Gutachten „der Befund und seine Schlussfolgerungen jedenfalls so plausibel und nachvollziehbar dargelegt“ werden müssen, dass das Gutachten als Entscheidungsgrundlage für den Dienstherrn über die dauerhafte Dienstunfähigkeit herhalten kann.

 

Quelle: VGH München, Beschluss vom 15.04.2021, Az.: 3 ZB 20.2241

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